LARP und unterschiedliche Mindsets

Ich war neulich wieder beim LARP. Auf dem Weg nach Hause habe ich über meine Erlebnisse nachgedacht. Gleichzeitig arbeitet mein Kopf schon wieder an der Planung für die nächsten Tage und Wochen. Dabei fiel mir auf, dass es zu einer interessanten Verschmelzung von LARP und Coaching kommt. Ich beziehe mich auf einen Coaching-Kontext, der seine Ursprünge im unternehmerischen Bereich hat. Gleichzeitig gelten diese Punkte immer auch für den Bereich der Schule, Schulentwicklung Klassenleitungs- und Schulleitungscoachings.

In der heutigen Geschäftswelt ist der Begriff „Mismatching Mindsets“ ein aufstrebendes Thema, das Unternehmen und deren Mitarbeiter*innen gleichermaßen betrifft. Dieser Begriff bezieht sich auf die Diskrepanz zwischen den individuellen Einstellungen, Werten und Denkweisen von Mitarbeitenden und den Erwartungen, die das Unternehmen an sie hat. Während Mismatching Mindsets in Unternehmen oft zu ineffizienten Arbeitsabläufen und schlechter Mitarbeiterbindung führen können, besteht vielleicht eine kleine Lösung, die sich im LARP finden lässt.

LARP ist eine immersive Form des Spielens, bei der Teilnehmer*innen in verschiedene Rollen schlüpfen und in einer fiktiven Welt interagieren. Ähnlich wie in Unternehmen, in denen Mitarbeiter*innen bestimmte Positionen und Aufgaben übernehmen, haben LARP-Spieler*innen bestimmte Rollen und Aufgaben, die sie im Spiel ausführen. Ich möchte beleuchten wie sich Mismatching Mindsets in Unternehmen und Rollen beim LARP ähneln und welche Lehren wir aus dem LARP auch für das Coaching im Bereich Unternehmen und Schule ziehen können.

1. Erwartungen und Realität:

Beim LARP, wo Spieler*innen in die Rolle von Charakteren schlüpfen, verkörpern sie durch ihr Handeln bestimmte Vorstellungen und Fähigkeiten von der Persönlichkeit des Charakters. Diese Charaktereigenschaften müssen nichts mit den Charaktereigenschaften der spielenden Person gemeinsam haben. Ich spiele im LARP gerne einen Charakter, der kognitiv sehr einfach strukturiert ist und gerne Anweisung unreflektiert ausführt. Ich nennen den Charakter mal „Holmhart“, weil wir später noch häufiger von ihm sprechen. Als Spieler dieses Charakters „Holmhart“ finde ich dieses Vorgehen, Anweisungen nicht zu überdenken, sehr schwierig und im realen Leben kann ich fast keine Anweisungen unreflektiert umsetzen.

Ich nehme im LARP bewusst eine Rolle an, die ich im realen Leben (RL) nicht sein möchte oder kann. Im LARP kann ich diese Rolle einfach spielen und muss sie nicht sein.

In Unternehmen, Behörden, Schulen werden oft klare Erwartungen an Mitarbeiter*innen und Schüler*innen gestellt. Diese Erwartungen können mit den individuellen Fähigkeiten und Erwartungen der Personen kollidieren. Dieses Missverhältnis kann zu Unzufriedenheit und Burnout führen. Ich finde, dass LARP helfen kann diese Missmatches selber schneller zu erkennen, weil ich es auch dem Rollenspiel gewöhnt bin und körperliche Reaktionen dadurch eindeutiger deuten kann.

2. Kommunikation und Verständnis:

In beiden Szenarien, im RL(Unternehmen, Schule) und beim LARP ist eine klare Kommunikation entscheidend. Unternehmen müssen sicherstellen, dass Mitarbeiter verstehen, was von ihnen erwartet wird, und offen darüber sprechen können, wenn sie Schwierigkeiten haben, diesen Erwartungen gerecht zu werden. Mit Blick zum LARP bleiben wir bei meinem Beispiel von Holmhart. Als einfacher Söldner erwarten seine Vorgesetzten, dass er genau die genannten Anweisungen befolgt. Mir als Spieler macht es dann besonders Spaß, dass mein Charakter Holmhart bei möglichen Auslegungen der Anweisung natürlich die falsche Auslegung der Anweisung interpretiert. Dabei ist dem Charakter diese falsche Vorgehen natürlich nicht bewusst und er wundert sich über den Ärger seiner Vorgesetzten.

Im realen Leben hilft es mir, wenn ich als Vorgesetzte*r oder als Lehrkraft, Personen habe, die durch ihre Haltung bewusst oder unbewusst meine Anweisung anders verstehen, als sie gedacht sind. Hier kann ich dadurch viel gelassener auf diesen Vorfall eingehen und ggf. im Vorfeld schon Falschdeutungen vorwegnehmen.

3. Flexibilität und Anpassung:

Mein Charakter Holmhart möchte klare Anweisungen haben. Er möchte und kann nicht flexibel reagieren. Eine Anpassung an Veränderungen sorgen dafür, dass er Verhaltensmuster nutzt, die ihm bekannt sind, aber meisten – oder eigentlich immer – völlig unpassend sind. Auch diese Verhalten kennt jeder aus dem realen Leben. Häufig ist es so, dass wir dieses Verhalten nicht deuten können, weil es für einen selber wie selbstverständlich erscheint flexibel auf Veränderungen zu reagieren. Hier brauchen wir mehr Möglichkeiten, dass sowohl in Unternehmen als auch in Schulen Mitarbeiter und Schüler*innen die Möglichkeit haben sollten, so flexibel, wie sie möchten auf sich verändernde Umstände zu reagieren und sich anzupassen. Es gibt Personen, die sich gerne und schnell verändern und andere, die lieber klare, einfache und kleine Schritte brauchen um mit Veränderungen umzugehen.

Fazit

Die Erkenntnisse aus dieser Parallele zwischen der realen Welt in Unternehmen oder Schulen und LARP können dazu beitragen, das Bewusstsein für Mismatching Mindsets zu schärfen und dazu beitragen, dass sowohl in der Geschäftswelt als auch in der Welt der Schule eine positive und effiziente Umgebung geschaffen wird, in der Mitarbeiter und Schüler*innen ihr volles Potenzial entfalten können. Wir müssen einfach alle mehr LARPen.

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