Ich und Bücher… eine tragische Geschichte

Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, dann waren Bücher das Folterinstrument von Menschen, die mich ganz persönlich hassten. Das war natürlich nicht so, aber ich leide bis heute unter Legasthenie und hatte zudem ein Augenproblem. Ich gehörte zu den Kindern, die immer ein Lineal unter die Textzeile legen mussten.

Ich habe gefühlt bis zu meinem 20 Lebensjahr kein Buch freiwillig gelesen. Auch das stimmt nicht, meine Großeltern schenkten mir eine Reihe Kinderbuchklassiker, die vom Schriftsatz und der Sprache für mich lesbar waren. Robin Hood, Moby Dick und der Wildtöter sind mir in Erinnerung geblieben.

Die Deutschlehrer*innen unter denen ich leiden durfte, machten mein Leben auch nicht leichter. In der Oberstufe hatte ich dann zum ersten Mal einen Deutschlehrer, der mit dem Agreement „Herr Hausmann, sie machen zu viele Rechtschreibfehler. Wenn ich die bewerte, werden sie keinen guten Noten schreiben können. Also werde ich bei Ihnen vor allem den Inhalt bewerten.“ endlich eine Last von meinen Schultern nahm. (Nach 10 Jahren Kampf, Frust und Quälerei) Sprachen und ich sind jedoch bis heute ein schwieriges Feld (Weshalb ich nie Pfarrer werden konnte und werde.).

Irgendwann bekam ich per Zufall Bücher in die Hand, die mich ganz persönlich angesprochen haben. Kein Deutschlehrer oder wohlmeinender Erwachsener hat sie mir aufgedrückt oder geschenkt. Das waren Fantasy Romane (da waren Drachen auf dem Cover!). Und endlich las ich gerne. Nicht zur Entspannung, aber immerhin gerne.

Erdsee – die einzigen Bücher, die ich zweimal gelesen habe. DSA Romane habe ich auf Flohmärken und bei Ebay gesucht und die ersten 100 Stk zusammengekauft und gelesen. D&D Abenteuer ohne Ende liebte ich. Tad Williams lese ich sogar auf Englisch…

Hätte man mir als Kind nicht früher diese Welt eröffnen können? Aber da musste ich „die Räuber“, tote weiße Männer und wirklich wichtige Literatur lesen – ich weiß nichts mehr davon. Und nein, ich werde sie in meinem Leben nicht mehr lesen, all die „guten“ Bücher, die ungelesen in meinem Regal stehen. Auch wenn XY noch so eine tolle Theologie vertritt… Der Kampf mit den kleinen Buchstaben auf totem Papier ging spätestens mit dem Internet und Hörbüchern verloren.

Manchmal wünsche ich mir eine Kirche, die nicht von sprachbegabten hochbelesenen Menschen bestimmt wird. Manchmal wünsche ich mir Zugänge zum Glauben und der Kirche, die nicht erst über „das Wort“ gehen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass diese intellektuelle Kirche für viele Menschen abstoßend ist – schade. Vielleicht fühle ich mich auch darum in der Nerdchurch zuhause.

P.S. Eines gehört für mich aber auch zum Rückblick. Nach zwei Berufsausbildungen und zwei Uniabschlüssen kann ich ehrlich sagen, dass Schulnoten für den Rest des Lebens so viel Aussagekraft haben, wie Kaffeesatz lesen. Lasst Euch niemals sagen, was ihr könnt und was nicht. Schon gar nicht in diesem komischen Schulsystem.