Wenn das Wort Nerd wirkt…

pexels-photo-18195364.jpeg

Das hätte ich nicht gedacht: Dass plötzlich erfahrene, gestandene Soldaten*innen sich mit einem Lächeln als Nerds bezeichnen. Was war passiert: Eigentlich eine (leider?) typische Situation, ich bin mal wieder spät dran mit der Andachtsvorbereitung, mal wieder so spät, dass ich weiß: Das werden nur 2,3 Stichworte und ein paar Bändchen im Liederbuch. Halt, es ist nicht das übliche Liederbuch, sondern „LebensrYhthmen – das evangelische Gesang- und Gebetbuch für Soldatinnen und Soldaten.“ Es geht um die Andacht auf dem Pfarrkonvent, der dieses Mal in einer Kaserne stattfindet… mal schauen „Wie in einem Traum“ (Psalm 126), ja das passt. Lied Nr. 125 „Wer nur den lieben Gott lässt walten.“ passt auch – zwei Minuten vor Andachtsbeginn wird es aber doch Nr. 126 „Meine engen Grenzen“.

Immerhin ich weiß, was ich sagen will… oder was nicht. Es soll nicht „total traditionell und altbackend“ sein, ich will auch die Soldatinnen und Soldaten ansprechen. Im Prinzip also eine ganz typische Andacht, wie ich sie gerne mache. Und damit auch eine gute Möglichkeit als Nerd zu sprechen, schließlich soll es ja auch authentisch sein. Grobes Thema also: Wir sind alle Nerds, egal ob Pfarrer*innen, Soldaten*innen, Gemeindepädagogen*innen. Wir haben Erfahrungen mit der Schwierigkeit für andere verständlich zu reden… das übliche Nerdchurch-Thema eben 😊.

Ich will nicht erzählen, wie die Andacht jetzt genau abgelaufen ist, aber was danach passierte, fand ich bemerkenswert: Jeder – wirklich jeder – Vortrag der Soldaten*innen beinhaltete wenigstens einmal den Verweis auf das eigene Nerdsein – und das sichtbar begeistert. Plötzlich war es nicht mehr so schlimm, Fachabkürzungen zu benutzen und es war eine Verbundenheit zu spüren. Ich weiß nicht, wie ich es genau beschreiben soll, aber mir scheint, dass es plötzlich einen gemeinsamen Begriff – eben „Nerd“ – gab, der sowohl ernst genommen hat, dass man als Soldat*in in einer sehr eigenen Welt lebt, der aber auch beschreibt, dass das prinzipielle „Anderssein“ mit anderen (Pfarrer*innen, Gemeindepädagogen*innen) geteilt wird. Es gab da dieses Gefühl von „wir sind gemeinsam, „unterschiedlich anders“ – wir gehören irgendwie zusammen“. Dazu kam die positive Grundstimmung, dass man als „Nerd“ eben auch ganz besondere Stärken hat: angefangen bei Spezialwissen bis hin zur besonderen Sensiblisierung für Minderheiten…

Für mich war es – nicht nur aufgrund der Rückmeldungen – auf jeden Fall ein Erlebnis, das mir Mut und Lust macht, häufiger dieses Grundthema der Nerdchurch in Andachten anzusprechen. Es scheint sich zu lohnen…