Ist Gott* LARPer?

person holding kerosene lantern

Ist Gott* LARPer?

Im LiveActionRolePlaying (oder kurz LARP) gibt es gemeinhin drei große Rollen. Einmal die Spielleitung. Sie bestimmt Ort und Zeit, schafft ein Setting, schreibt die Geschichte, den sog. Plot, und weißt den Statisten (NichtSpielendenCharakteren NSC) ihre Rollen zu. Die Spielleitung trägt die Verantwortung für alles, was geschieht und übt das Hausrecht aus. Dann die NSC. Sie sind dafür verantwortlich, dass die Spielenden (SpielendenCharaktere SC) auch ein Gegenüber haben. Als Markthändler, Tavernenwirtin und gegnerisches Heer, stehen die NSC immer bereit, die Geschichte weiter voranzubringen und für die Spielenden anspielbar zu sein. Und schließlich die SC. Sie reisen mit ihren eigenen Geschichten und Vorstellungen an, lassen sich auf das Abenteuer ein und ergründen die Geheimnisse der Geschichte.

Kann in diesen drei Rollen Gott* verortet werden? Ich meine ja. Wer mag, darf meinen Gedanken folgen, ihnen aber auch gerne widersprechen oder sie weiterspinnen – worüber ich mich sehr freuen würde!

Gott* als SL:
Die Idee des allmächtigen Gott*es, der alles in den eigenen Händen hält. Diese Vorstellung liegt mir nicht. Wenn die Geschichten, die aktuell durch die Nachrichten schwirren Teil von Gott*es Idee des Spiels wären, dann ohne mich. Krieg, Klimawandel und Co sind für mich nicht Teil von Gott*es Plan. Was aber wenn ich zu klein denke. Wenn die Geschichte, die Gott* schreibt, der Plot viel größer ist. Wenn Gott*es Plot darin besteht, uns Menschen wirklich volle Kontrolle über das Spiel zu geben, es zum Guten oder Bösen zu wenden? Oder wenn Gott* gar keinen Plot geschrieben hätte, sondern nur das Setting geschaffen hätte in dem sich die Spielenden ihre eigene Geschichte suchen können? Ein Spiel, das am Ende auch scheitern kann? Bei dem eben nicht „das Gute“ gewinnt? Wir müssen ja nicht am Samstag Abend in der Endschlacht fertig werden, weil am Sonntag alle nach Hause fahren wollen. [oder um mit einigen Fachbegriffen zu werfen: Die Welt ist eine sandbox, es gibt keine railroad und InTime: Forever.] Und die SL schickt ihren Geist um überall gleichzeitig zu sein, alles mitzukriegen und immer wieder zu zeigen, wie es anders gehen kann.

Gott* als NSC:
Kann ich Gott* in meinem Gegenüber sehen? Die Antwort gibt Gott* selbst im Bild des Weltengerichtes. „Ich bin krank gewesen und ihr habt mich besucht“(Mt 25,36). Also ja, Gott* begegnet uns in jedem Gegenüber, in jeder Beziehung. Gott* selbst ist es, der uns in den Menschen entgegen kommt. Gott* selbst will in Beziehung zu uns treten und uns dazu ermutigen in Beziehungen zu anderen Menschen zu leben. Es ist nicht das Bild des „alten weißen Manns“ im Himmel, kein Skydaddy oder eines in einer Statue gefangenen Gottes. Unser Gott* ist ein lebendiger Gott*.

Gott* als SC:
Und dann, nachdem Gott* mit uns Menschen so lange gegangen ist, wird er selbst Teil des Spiels. Er kommt uns als Mensch entgegen. Und Jesus ist wahrer Mensch. Er hatte morgens Mundgeruch, Mittags Hunger und Abends musste er sich um seine Fußnägel kümmern. So war Gott* also Teil des Spiels des Lebens. Als Spielende im LARP sind unsere Möglichkeiten begrenzt. Die SL bestimmt wo es langgeht. Der Spieler ist letztendlich von der SL in ihren Entscheidungen abhängig. Jesus war das nicht und doch war er es. Er kannte die Regeln und hat sie nicht verändert, sondern sich als Mensch ihnen unterworfen. Nur an einer Stelle hat er sie überwunden. Da wo uns Menschen das Spiel eine Barriere auferlegt, den Tod, konnte er weitergehen. In den Tod und darüber hinaus. Die finale Begrenzung ist dadurch nicht aufgehoben. Aber wir können sicher sein, dass es danach für uns weitergeht. Wir werden nicht allein in die Verdammnis geschickt.

Und so kann ich Gott* im LARP sehen:
Gott* als SL, und Gott*es Geiste der uns begleitet.
Gott* als NSC, und in meinen Nächsten kommt Gott* mir entgegen.
Gott* als SC, und in Jesus Christus hat Gott* unseren Weg geteilt.

So segne uns Gott*, Jesus und heiliger Geist.

Epilog:
Das von mir genutzte Bild hat Grenzen und ist nicht allgemeingültig. Eine der Grenzen ist sicher die Unterscheidung zwischen Spiel und Nichtspiel: also Intime und Outtime. Wenn wir Gott* in einem Spiel verorten, was ist dann die Nichtspielzeit? Weiterdenken kann man sicher auch an der Frage: Welche Railroad würde Gott* für mein Leben schreiben oder war Jesus wirklich ein Spieler oder die eigentliche Spielleitung? War das Paradies eigentlich die ursprüngliche Sandbox und die uns auferlegten „Strafen“ (Patriachat, Geburtsschmerzen, Mühen bei der Arbeit; Gen3,16ff) bei der Vertreibung sind die Aufgabe, diese zu überwinden? Auch das Konzept des Homo ludens könnte noch mitbedacht werden.
In einem Blogbeitrag würde es aber die Grenzen sprengen.