Die Zungen der Nerds
Ein Signalverlauf:
Tascha: Schreibt jemand was zu „Nerd und Pfingsten?“
Markus: Zu verschiedenen Zungen?
Tascha: Lerchenzungen?
Malte: Otternasen?
David: Das wäre doch wirklich das Nerdchurch-Thema schlechthin. Da hatte ich schon diverse Gespräche drüber. Für uns als Nerds ist es normal unterschiedliche Sprachen zu sprechen. In der Kirche sprechen wir anders als in der Schule oder als in den SocialMedia oder anders als auf einer Convention, Gamingplatform, Rollenspiel etc.
Markus: Besonders, wenn man bedenkt, dass Lerchenzugen und Otternasen voll Off-Topic waren. Nur um nochmal eine weitere unterschiedliche Sprache einzubauen
Anna: .Also ich kenne das eher als „Frau X, Ihre Sprache und Wortwahl ist der einer studierten Theologin nicht würdig“ Nächstes mal bewerfe ich denjenigen, der sowas sagt mit Lutherliteratur. Vielleicht sollten vor allen Dingen die Menschen mit Verkündigungsauftrag dem Volk mal mehr aufs Maul schauen. Viele Menschen außerhalb der Theobubble können mit der Theowortwahl und Sprachgebrauch nämlich auch nichts anfangen…
David: Ist mir noch nicht passiert, aber wenn wäre das natürlich ein Anlass über die unterschiedlichen „Sprachen/Sprachstile“ und den dazugehörigen Erwartungshaltungen zu sprechen. Und da haben wir eben einen großen Erfahrungsschatz. Ob das direkt „den Volk aufs Maul schauen“ ist, wage ich zu bezweifeln, weil die Sprache unsere Nerdbubbles eben auch eine sehr spezielle ist. ABER: Wir wissen um diese Bubbles, viele Pädagogen*innen, Theologen*innen ist das nicht so bewusst.
Markus: Und aus der Lehrerkräftesicht kann ich noch dazu legen, dass Sprache zum einen natürlich die Grundlage für Verständigung ist und gleichzeitig auch Sprache blockieren kann. „Wie, du bist Lehrer, dann traue ich mich nicht dir etwas zu schreiben, weil du nachher die Rechtschreibung kontrollierst“.
Die Erwartung, die mit Sprache verknüpft ist, ist sehr hoch. Du kannst dich nicht schriftlich oder mündlich ausdrücken, dann bist du dumm. Viele Geisteswissenschaftler fahren diesen Stil. Gleichzeitig fehlt im Umkehrschluss ein naturwissenschaftlich, mathematisches Verständnis. Aus meiner Erfahrung gibt es viele Schüler*innen, die entweder durch Sprache der Mathematik oder Naturwissenschaften scheitern oder durch Sprache (Deutsch, Englisch, weitere Fremdsprache). Die reden auch mit unterschiedlichen Zungen.
Anna: Zu den Unterstellungen, dass mein Sprachgebrauch einer Theologin nicht würdig ist, möchte ich noch dazu sagen, dass ich ganz normal geredet habe – ich habe weder klingonisch noch elbisch gesprochen. Und eigentlich bekommt man im Theologiestudium und auch im Vikariat immer gesagt, man solle authentisch sein. Das schließt für mich die Sprache eben mit ein.
Jonah: Das hat auch sehr viel mit Klassismus zu tun, also das Beharren auf einer Sprache. Wenn ich über Laufen, Bogenschießen oder Hundeausbildung rede, verstehen auch nur Insider.
Dann driftete die Unterhaltung leider woanders hin …
Das Pfingstwunder aus der Apostelgeschichte – Menschen unterschiedlicher Herkunft und Sprache versammelten sich, und der Heilige Geist kam über sie und plötzlich konnten sie einander verstehen, obwohl sie verschiedene Sprachen sprachen – muss sich anscheinend wieder und wieder ereignen.
Gerade als Nerds genießen wir ja auch manchmal Insiderwissen zu haben, Witze machen zu können , die nur ein paar Leute verstehen. Das ist vielleicht auch eine Reaktion darauf, dass wir uns oft unverstanden gefühlt haben, von Leuten, die mit Nerd-Kultur nichts am Hut haben, und das ist manchmal auch OK und tut gut.
Aber wir haben in unserer Gesellschaft noch immer mit Sprachbarrieren zu kämpfen. Auch in der Theologie und anderen Bereichen gibt es oft eine Kluft zwischen der Sprache der Insiders und der Menschen außerhalb dieser Blase. Als Nerds verstehen wir vielleicht besonders gut, dass wir in verschiedenen Sprachen kommunizieren, sei es in der Kirche, in der Schule, auf Social-Media-Plattformen oder bei unseren Hobbys.
Die Botschaft von Pfingsten erinnert uns daran, dass der Heilige Geist uns befähigt, über sprachliche Grenzen hinweg zu kommunizieren. Das könnte ein Job für die Nerds sein.