Warrior Nun: Mehr als der Titel vermuten lässt

simul iustus et peccator – Gerechte und Sünder zugleich

Rückblick in das Jahr 1095. Papst Urban II. hat den Kreuzzug ausgerufen. Die junge Frau Ariella ist daraufhin, wie zahlreiche andere Menschen, aufgebrochen um das heilige Land zu erobern.
In den Schlachten, hat sie ihr Geschick bewiesen, doch schließlich wurde sie tödlich verwundet. Um ihren Tod zu verhindern und ihr übermenschliche Kräfte zu verleihen, schenkt ihr der Engel Adriel seinen Heiligenschein. Dieser Heiligenschein („Halo“) wird nun immer weiter gereicht an die je nächste würdige Warrior Nun („Kriegernonne“).

So in etwa ist die Prämisse der Netflix-Serie Warrior Nun.

Nun, in der Gegenwart, wird die querschnittsgelähmte Ava durch eben diesen Halo kurz nach ihrem Tod wiederbelebt und so ohne ihr Wissen zur neuen Warrior Nun.

Damit ist sie die Elite-Kämpferin eines geheimen römisch-katholischen Ordens, der gegen Dämonen kämpft.

Der Aufriss der Serie an sich klingt spannend und vielversprechend.
Besonders die Entscheidungen von Ava, die seit sie 7 Jahre alt war, ihre Arme und Beine nicht mehr bewegen konnte, sind in den ersten beiden Episoden sehr nachvollziehbar. Alles, was ihr verwehrt war, möchte sie nun ausprobieren. Ihrem neuen Schicksal will sie sich nicht stellen.

Die großen Stärken der ersten Episoden sind insgesamt die Charaktere, die stark gezeichnet und menschlich aufgebaut werden. Auch dürfen nicht nur Mainstream-Charaktere eine Rolle haben, sondern mit Ava auch ein Mensch mit einer (vormaligen) Behinderung oder auch queere Nonnen, die sich mit ihrer Sexualität auseinandersetzen entgegen der Lehre ihres Ordens.

Ebenso merkt man an einigen Stellen, dass die Macher*innen der Serie sich mit der Materie auseinandergesetzt haben. So ist der Titel jeder Episode einfach der Verweis auf eine Bibelstelle, die thematisch zur Folge passt.

Sicher, wegen der Vermarktbarkeit ist einiges sehr plakativ und zu einfach gehalten für meinen Geschmack (beispielsweise die Namen Mary, Ava – wird wie Eva gesprochen – und Lilith). Dennoch bleibt Warrior Nun unterm Strich echt sehenswert.

Die finalen Folgen entschädigen für einige Schwächen in der Mitte der Staffel.

Mich persönlich spricht an, dass nicht mal die „eingeweihten“ Priester, die die Wahrheit über Dämonen und Engel kennen, hier die Lehre des Ordens einfach hinnehmen.

„Ich habe Angst, dass wenn die Dämonen besiegt sind, meine dunkle Seite bleibt.“

Ein reines Gut und Böse, das zeigt die Staffel sehr früh, gibt es nicht. Menschen haben auch bei Warrior Nun immer das Potential beides zu sein. Entscheidend ist, was sie daraus machen. Mit ihren rein menschlichen Fähigkeiten oder auch mit dem Halo eines Engels.

Fast schon erinnert es mich am Ende der ersten Staffel an Martin Luthers Aussage, dass jeder Mensch Gerechter und Sünder gleichermaßen ist.

Auch wenn mehrere Charaktere den falschen Personen vertraut haben oder Entscheidungen trafen, die sie bereut haben. Man muss nicht perfekt sein, man darf seine Meinung ändern, man kann auch als Sünder*in immer auch Gerechte*r sein.

Micha

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