„DAS BÖSE – Teil I“

Warum Teil I: Diese Andacht denkt etwas an und bleibt in der Mitte stehen. Viel wird angerissen, wenig zu Ende gedacht. Irgendwann wird es Teil II geben, wenn er an der Zeit ist.
Mir ist unlängst das Böse begegnet und nun werde ich es nicht mehr los.
Greta Thunberg hat vor der UN geredet. Nicht sehr lange, insofern kann man sich die Rede gut anhören oder durchlesen. In der deutschen Übersetzung heißt es „Wenn ihr (also die Politiker) die Situation wirklich verstehen würdet und uns immer noch im Stich lassen würdet, dann wärt ihr grausam und das weigere ich mich zu glauben.“
Im Original sagt Greta beim Wort grausam: evil. In meinem Wortschatz des Englischen heißt das „böse“. Und da war es, das Böse.
Was ist das, das Böse? Dieser Frage habe ich ein wenig nachgespürt, ohne wirklich eine Antwort gefunden zu haben. Ich will euch ein wenig mitnehmen auf meine Reise.
Wir bitten bei jedem Gottesdienst im Vater unser: „und erlöse uns von dem Bösen“, also muss es ja da sein, etwas dessen Existenz nicht zu leugnen ist.
Als ich anfing Radio zu hören, gab es (Ende der 1980er-Jahre) ein Lied namens „Das Omen“, eingeleitet von der Vorstellung des Mephisto aus Goethes Faust:

Ich bin der Geist, der stets verneint!
Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
Ist wert, daß es zugrunde geht;
Drum besser wär’s, daß nichts entstünde.
So ist denn alles, was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz, das Böse nennt,
Mein eigentliches Element.

Ist das Böse also ein Geist, der analog zu Gottes Geist über die Welt zieht und uns heimsucht? Gilt es sich also mit allerlei Schutz zu umgeben, damit das Böse nicht in ein Haus fährt? Bei all den Schutzzaubern und Amuletten kann dieser Eindruck entstehen. Neuheidnisches Gedankengut spielt gerne mit bösen Geistern. Auch an Halloween kriechen sie in manchen Köpfen wieder hervor. Das Brauchtum ist voll davon.
Aber ich habe es nicht so mit Brauchtum. Ich habe es eher mit Mangas. Und da lief mir bei meiner Suche nach dem Bösen ein Geist über den Weg, der mich stutzig machte. Der Manga „Ghost in the Shell“ stammt aus Asien und wurde Ende der 1980er-Jahre verfasst. Berühmt wurde er durch den daraus entwickelten Anime gleichen Namens, der dann 2017 zu einem Realfilm führte.
Kurze Zusammenfassung: Im Jahr 2029 sind viele Menschen Cyborgs, die ihren Körper ganz oder teilweise durch künstliche Implantate ersetzt haben. Sogar das Gehirn lässt sich bis auf einige wenige Zellen durch ein sogenanntes Cyberbrain ersetzen. Verpackt in einer Biokapsel (der sogenannten Shell) stecken in jedem Cyborg menschliche Gehirnzellen mit seinem Geist (Ghost), der Identität und seiner Persönlichkeit.
Der Cyborg in diesem Manga unterscheidet sich durch ein paar menschliche Gehirnzellen von einer bloßen Puppe. Darin ist der Geist des Wesens enthalten. Also bei all dem Fortschritt der Science-Fiction wird der Mensch in seiner Biologie bis auf wenige Zellen ersetzbar. Der Geist in diesen Zellen ist am Ende das, was den Menschen im Kern ausmacht.
Warum ist diese Vorstellung bei mir in den Bereich „Böse“ gefallen? Nun, auch in der Bibel findet sich eine Stelle, an der sich der Mensch aus dem bloßen „Geschöpf eines Schöpfers“-sein herausbewegt und „eigenständig“ wird.

Im zweiten Schöpfungsbericht setzt Gott den Menschen in den Garten Eden. Ich denke ihr wisst was folgt. „Nur vom Baum der Erkenntnis sollt ihr nicht essen.“ Und als die Menschen es doch tun, da erst erkennen sie, dass sie nackt sind. Und Gott wirft sie hinaus. Was ist dieser Sündenfall?
Und Gott, der HERR, ließ aufwachsen aus der Erde allerlei Bäume, verlockend anzusehen und gut zu essen, und den Baum des Lebens mitten im Garten und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen.
Wenn ich dem folge, dann ist das Böse nichts, was außen ist. Gott hat sicher in seinen Garten Eden keine böse Macht entlassen, die diese Menschen erst dann sehen. Zu unterschieden zwischen Gut und Böse ist uns Menschen gegeben, ja es macht uns erst zu dem, was wir sind. Und die Unterscheidung von Gut und Böse ist eine Unterscheidung der Handlungen von Menschen. So wie der Cyborg seinen Ghost braucht um sich von bloßen Maschinen zu unterscheiden, brauchen wir diesen Geist um keine Puppen zu sein.
Wir haben einen Geist. Wir entscheiden über Gut und Böse.
Das Böse ist nicht da draußen.
Das Böse, und das ist ein Zwischenschritt meiner Suche danach, ist in mir drinnen. Es macht mich zum Teil zum Menschen. Und das ist wirklich beängstigend. Trage ich dann doch in mir einen Geist, der so wie Mephisto spricht:

So ist denn alles, was ihr Sünde,
Zerstörung, kurz, das Böse nennt,
Mein eigentliches Element.

Bewahre uns Gott EG 171


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