Achtsamkeit – ein Spiel ohne Thematik?
Jede/r Spielende weiß es, ein Spiel besteht aus seiner Mechanik und seiner Thematik. (Und ja, es gibt Spiele, da ist die Mechanik quasi Alleinstellungsmerkmal (z.B. Schach, Tak) oder es verschwindet die Mechanik hinter der Thematik (z.B. viele Rollenspiele)) Das Zusammenspiel aus beiden Aspekten macht am Ende ein Spiel aus.
Nun kann man versuchen, die Thematik eines Spieles zu ändern. So wurde z.B. aus Carcasonne das Spiel „Die Baumeister des Königs“ indem die Thematik ins Reich von König Salomon verlegt wurde. Und die Siedler von Kanaan haben auch einen prominenten Vorgänger.
Bei Brettspielen funktioniert das mal besser (Stimmt so vs Alhambra) und mal schlechter (diverse Stadtspiele vs Monopoly). Geht das auch im Leben? Kann ich da einfach eine Thematik ändern oder ganz weglassen und so die Mechaniken isolieren?
Der amerikanische Molekularbiologe Jon Kabat-Zinn hat das versucht. Er hat aus dem Buddhismus die Methoden der Meditation genommen, versucht ihre spirituelle Verwurzelung zu streichen und das ganze als „Achtsamkeit“ auf den Markt der Psychologie geworfen. Sehr erfolgreich. Achtsamkeitskurse gehören heute zum guten Ton bei Volkshochschulen und Krankenversicherungen.
Nun wissen Spielende, dass ein thematisches Spiel auch rein auf seine Mechanik hin analysiert und gespielt werden kann. Spaß haben die wenigsten Spielrunden daran. Auch die reine Mechanik der Achtsamkeit, ruft gerade zu danach, eine Thematik dazu zu stellen. Die ursprünglich buddhistische Thematik wird dann gerne herangezogen. (mit Klangschalen, Buddha-Statuen, Gong und Räucherwerk) Freilich in der vereinfachten europäisch amerikanischen Außensicht auf das friedlich fröhliche Leben im Buddhismus. (In DEM Buddhismus ist ungefähr so eindeutig wie in DEM Christentum…)
Ich lebe in meiner Welt jedoch mit vielen spirituellen Wurzeln im Christentum. Geht das auch mit Achtsamkeit überein? Meine aktuelle Antwort lautet: Naja…
Die Ich-Bezogenheit des Buddhismus, die sich ins amerikanische Wirtschaftsdenken so wunderbar einfügen ließ, ist mir manchmal zu eng. Ich lebe nicht aus mir selbst heraus für mich. Ich lebe in der Liebe Gottes und in einer Beziehung zu Gott. Diese kann ich nicht einfach loslassen.
Gleichzeitig ist die Konzentration auf den eigenen Atem für mich tief im Christentum verwurzelt.
Gott* schaff den Menschen aus Lehm und bläst ihm seinen Odem ein.
Gen 2,7
Was Luther hier mit Odem übersetzt ist im Hebräischen ein Wort, dass für Atem und Seele stehen kann. Atem und Seele sind daher sehr eng verwandt. Wenn ich also auf mich und meinen Atem achte, achte ich dann auch auf mich, Gott* und meine Seele?
Mein Weg mit der Achtsamkeit steht ganz am Anfang. Klügere Menschen als ich sind da schon viel weiter. (Nur zwei Stichworte zum Weitersuchen: Kontemplation, Herzgebet) Aber so ist das mit Wegen, am Anfang ist das Ziel häufig noch nicht zu erkennen. Ich freue mich auf den weiteren Weg und glaube und hoffe darauf, ihn nicht allein zu gehen:
Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen, dass sie dich auf den Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.
Ps 91,11f – Lut