Geister und Gespenster!

Vielleicht kennt ihr ja die Geschichten um Peter Grant, Londoner Police Constable und Lehrling der Magie (Buchreihe „Die Flüsse von London“ von Ben Aaronovich). Urban Fantasy angereichert mit Kriminalflair und jeder Menge Sarkasmus. Quasi ein erwachsener Harry Potter.
In diesen Geschichten tauchen immer wieder Geister in verschiedenen Formen und Intensitäten auf. Besonders interessant: Peter kommt systematisch dem auf die Spur, was diese Geister wirklich sind. Es handelt sich bei ihnen um Fetzen der Persönlichkeit von Gestorbenen, die durch die Magie in der Welt – einer Art (Lebens-)Energie – weiter befeuert werden und dadurch noch auf der Erde sichtbar und hörbar sind. Also quasi durch Magie angetriebene Reste des Bewusstseins.
Ich habe angefangen mich zu fragen, wie viel Wahres vielleicht darin stecken könnte. Ob es wirklich sein kann, dass durch eine objektive Lebenskraft Teile unserer Persönlichkeiten auch nach unserem Tod auf der Erde „herumspuken“ könnten. Wenn ich jemanden segne oder Segen erhalte, dann spüre ich ja auch irgendwie eine Art Kraftübertragung. Der Theologe Manfred Josuttis nimmt diese Segenskraft nach Paulus (Röm 1,15f.) als „die Kraft des Evangeliums“ absolut wörtlich und meint damit die schöpferische Kraft Gottes, die so ein bisschen wie Magie als unsichtbare Ströme in der Welt existiert. Diese Kraft befeuert unsere Persönlichkeit, macht uns kreativ (was übersetzt ja auch „schöpferisch“ bedeutet). Diese Kraft ist der Ursprung von Leben und allem, was ihm dient, es befeuert. Jesus war so voll von dieser Lebenskraft, dass er selbst „zaubern“ konnte, Wunder vollbracht hat. Er hatte einen Überfluss von Lebenskraft, ja sogar Zugang zur Quelle, mit der er heilen konnte und Dinge tun, die dem Leben dienen. Seine Einblicke in diese Lebenskraft haben ihn Dinge gelehrt, die er uns weitergegeben hat. So kommen wir durch Jesus eben auch an diese Kraft heran.

Also zurück zum Ausgang: Wenn es diese Kraft gibt, kann sie nicht vielleicht sogar Teile unserer Persönlichkeit nach unserem Tod auf dieser Erde weiter befeuern? Geister bilden?
Ich sage dazu nach reiflicher Überlegung ein entschiedenes Jein! Denn das Ganze hat zwei Seiten.
Auf der einen Seite gibt es nichts, was von unserer Persönlichkeit – man könnte es auch „unsterbliche Seele“ nennen, wenn man möchte – nach dem Tod hier zurückbleibt. Den Körper lassen wir zurück. Den vergänglichen Teil unserer Existenz. Den Teil von uns, der zu dieser Erde gehört, die wir durch unseren Tod ja aber gerade verlassen.
Die Persönlichkeit ist da von einer anderen Qualität. Sie ist es ja, die unsere Beziehung zu Gott ausmacht. Sie wird zu ihm gehen. Wird unsere Körper überleben und entweder jetzt schon im Himmelreich* oder am Ende des Zeitenlaufs auf der neuen Erde mit Gott gemeinsam die ewige Hochzeit feiern.
Auf der anderen Seite bleibt ein Teil von uns ja durchaus auch auf der Erde zurück. Die Lebenskraft, die wir während unseres Lebens in diese Welt gesteckt haben. Was wir „gezaubert“ haben. Die Menschen, die wir zurücklassen, werden sich an uns erinnern, uns vermissen. Da sind Dinge, die wir geschaffen haben – als Kind ein Bild für die Eltern gemalt, das seitdem immer am Kühlschrank hängt. Als Erwachsener vielleicht sogar ein Lied für die Frau geschrieben, an die ich mein Herz verloren habe. Begebenheiten, die wir geprägt haben: Freizeiten mitbetreut, Aktionen mitgestaltet, Menschen begegnet und geholfen. Das ist unser Vermächtnis, wenn man es so sagen möchte. Das ist die Lebenskraft, die wir geformt und in die Welt entlassen haben. Unsere Magie. Das sind Fragmente unserer Persönlichkeit, die einen Stempelabdruck in dieser Welt hinterlassen haben. Unsere Kreationen, unser schöpferisches Wirken. An Kultur, oder an anderen Menschen. Das sind die Geister, die wir auf die Welt loslassen. Und die bleiben werden, wenn wir eines Tages den nächsten Schritt gegangen sind. Hinein in eine andere Welt, die vollkommen übersättigt sein wird von dieser Magie. So sehr, dass sie übergeflossen ist in unsere Welt.

Felix Klemme, Pfarrer in einer Einzelpfarrstelle in einem Vorort von Paderborn, ist 33 Jahre alt und begeistert von Science Fiction in jeglichen Formen, sowie dem Pen and Paper-Rollenspiel Das Schwarze Auge (DSA). Er streamt auf seinem YouTube-Kanal (PoelleRPG) gerade die größte Kampagne dieses Rollenspiels und liebt es, Geschichten mitzuerleben und zu erzählen.
https://twitter.com/Poeletto

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