Neulich beim LARP – mit Kindern: Die Magie der Verwandlung
Dieser Beitrag ist der dritte in der Reihe zum Thema „LARP mit Kindern“. Ich möchte den Fokus darauf legen, was beim LARP besonders in Verbindung mit Kindern wichtig ist. Gestartet hat die Reihe mit dem Thema Rollenwechsel. Im zweiten Teil ging es um das Thema Ethik.
Der Raum voller Möglichkeiten
Als ich ein LARP-Projekt in der Schule gemacht habe, habe ich Unmengen an Gewandung mit in die Schule getragen. Es stapelten sich die Gewandung auf den Tischen und in den Kisten – ein chaotischer Haufen aus Umhängen, Westen, Kleidern, Kopfbedeckungen und Waffen. Die Aufregung war spürbar: Jedes Kleidungsstück eröffnete eine neue Welt. Ein Kind schlüpfte in ein Umhanggewand und verwandelte sich vor den Augen aller in eine magiebegabte Person (Zauberer:in). Im Laufe des Projekts bemerkte ich, wie das Kind immer mehr sprach und plötzlich voller Mut war. Ein anders Ein anderes Kind hatte Schwierigkeiten, Regeln einzuhalten. Es suchte sich direkt eine Rüstung, Helm und Waffe heraus und wollte kämpfen gehen. Doch wir alle wissen aus anderen Kontexten: Aus großer Macht entsteht große Verantwortung. Das Kind wurde zu einer ehrenhaften Ritterin beziehungsweise einem ehrenhaften Ritter, der besonders auf die Einhaltung der Regeln achtete. Auch bei anderen Kindern konnte man erkennen, dass das Überziehen einer Gewandung sie plötzlich verändert. Die Freude an jeder mutigen Verwandlung betonte, wie sehr ein Stück Stoff dazu beiträgt, den eigenen Platz in der Gruppe anders zu erleben – und manchmal neu zu finden.

Identität und Vielfalt im Rollenspiel
Das Verkleiden setzt Kreativität und Selbstwert frei. Kinder probieren ganz unterschiedliche Rollen – und damit mögliche Facetten von sich selbst – aus, wobei keine Definition festgeschrieben ist. Hier kann jede:r Prinzess:in, Ritter:in oder Magier:in sein, unabhängig von Alltagskategorien und Zuschreibungen. Rollenspiel wird zum Experimentierraum für Identität und Vielfalt (https://the-nerdchurch.de/2025/06/08/neulich-beim-larp-mit-kindern-rollenwechsel/ ) – und manchmal entsteht im Spiel die Rolle, die im echten Leben Mut macht oder ein verborgenes Talent ans Licht bringt.
Taufe, Berufung, Neuanfang
Die Verwandlung im LARP hat Parallelen zu religiösen Initiationsriten wie Taufe oder Aufnahme. Liturgische Kleidung, feierliches Umhüllen, das Sichtbarwerden der inneren Berufung – all das findet im kindlichen Rollenspiel auf spielerische Weise statt. Jedes Kind erlebt, dass es angenommen ist, unabhängig von der gewählten Rolle – und wird damit zur gelebten Vielfalt und Gemeinschaft, wie sie in vielen Glaubenskonzepten zentrale Bedeutung hat.
Einladung zur Metamorphose
Ein Kostüm ist Türöffner: Wer im LARP neue Kleidung wählt, wagt den Schritt in eine andere Identität. Für Kinder ist das befreiend; für Erwachsene eine Einladung, es ihnen nachzutun. In jedem Umhang, in jeder Krone schlummert die Möglichkeit, über sich hinauszuwachsen, Mut zu fassen und Verbundenheit mit anderen zu erleben. Durch das Spielen einer Rolle oder eines Charakters kannst du diese Eigenschaften auch in dir entdecken. In jedem von uns schlummert ein Stück Ork, eine Portion Magier:in oder ein Funken Prinzessin beziehungsweise Prinz. Es tut gut, diesen Teil von dir kennenzulernen. Das gilt für Kinder, wie auch für Erwachsene. Deshalb möchte ich abschließend noch einen Bibelvers teilen: „Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin.“ (Psalm 139,14). Erlaube dir, jeden Tag neue Rollen zu wählen – denn auch im Spiel ist jede Verwandlung ein Werkzeug für Offenheit und gelebte Annahme.
Alle Fotos von Aike Coordes https://www.aike-coordes.de/

