Held*innen auf der Reise

Eine Nerdchurch-Schreibwerkstatt auf dem DEKT 2025 in Hannover
„Wir begrüßen Held*innen, Reisende, Suchende, Zweifelnde – und ganz besonders Dich! Komm doch gern herein, mit deinen Fragen, deinen Ideen und deinem Glauben. Komm rein und lass alles leuchten was Dich einzigartig und anders macht. Wir glauben an Dich!“
Mit diesen Worten haben wir am Samstag auf dem Kirchentag in Hannover unsere Nerdchurch-Schreibwerkstatt eröffnet. Insgesamt 25 Menschen kamen in dem kleinen und rasch ausgebuchten Raum der Volkshochschule zusammen, um Held*innen-Geschichten zu schreiben.
Die Held*innenreise ist ein uraltes Erzählmuster, das Mythen, Bibeltexte, Romane, Videospiele und Hollywood-Filme durchzieht. Ob Frodo bei „Herr der Ringe“; Luke Skywalker bei „Star Wars“; Penelope bei „Bridgerton“ oder Anna bei „Frozen“ – sie sind alle Held*innen.
Erforscht wurden die Erzählmuster des Monomythos von dem Professor Joseph Campbell. Er entdeckte in alten Mythen zwölf Stationen, die Held*innen auf ihrer Reise durchlaufen. Der Drehbuch-Autor Christopher Vogler nahm diese zwölf Stationen auf und entwickelte daraus einen Plot für Filme:
1. Die gewohnte Welt
2. Der Ruf des Abenteuers
3. Zögerung und Weigerung
4. Hilfe durch einen Mentor
5. Überschreiten der ersten Schwelle
6. Bewährungsprobe mit Verbündeten
7. Die tiefste Höhle, der letzte Gegner
8. Die entscheidende Prüfung
9. Die Belohnung mit einem Schatz
10. Der Rückweg aus der Gefahr
11. Die Transformation des Selbst
12. Die Rückkehr mit Ruhm & Ehre
Auf der Held*innenreise wird also ein normaler Mensch – oder ein ganz normaler Hobbit – als Held oder Heldin berufen. Frodo findet den Ring, er erhält den Auftrag, ihn zu zerstören, möchte aber lieber im Auenland bleiben. Durch Gandalf begibt er sich auf die Reise, zunächst bis Bruchtal, später dann zusammen mit der Gemeinschaft – und zuletzt nur noch mit Sam – bis zum Schicksalsberg. In Moria begegnen sie dem letzten Gegner, die eigentliche Prüfung ist dann der Schicksalsberg. Sie zerstören den Ring, werden von den Adlern gerettet und kommen verwandelt wieder nach Hause.
Dieses Erzählmuster ist so intuitiv anschlussfähig, dass es sich sehr gut für „Storytelling“, also das Erzählen von Geschichten eignet. Wer wäre nicht gern ein Held oder eine Heldin?
Wir blieben nicht beim Schauen – wir wurden selbst zu Erzähler*innen. Wir haben uns der Held*innenreise also nicht nur theoretisch, sondern auch ganz praktisch angenähert. Wir haben ein Akrostichon zu „Mutig“ geschrieben, ein Anti-Held zu „Stark“ entworfen und „Beherzt“ als Superkraft beschrieben.
M – Machtlos,
U – Ungeduldig,
T – Träumend,
I – Immer wieder,
G – Gradwandernd.
© Malte Hausmann
Im Anschluss entstanden biblische und persönliche Held*innen-Geschichten, die wir als „Tiny Tales“ auf Bierdeckel geschrieben haben.
David
Ziegenhirten Musiker Hände
Gerufen um zu singen Stimme
Einsames sehnendes Herz
Großes und Neues sehendes Auge
Schmeicheleien und Fragen hörendes Ohr
Das Land beschreitende Königsfüße.
© Malte Hausmann
Solche „Tiny Tales“ lassen sich nicht nur für Andachten, sondern auch für Social Media verwenden – „Storytelling“ bietet emotionale Anknüpfungspunkte für Menschen, um mit Fragen des Glaubens in Berührung zu kommen. Glauben verwandelt sich in Geschichten. Geschichten werden zu Quellen von Mut, von Stärke und von Empathie.
Denn wir sind überzeugt: Jede*r trägt eine eigene Held*innenreise in sich. Sie beginnt auf einem weißen Blatt, im kaum hörbaren Ruf G*ttes. Sie führt durch Zweifel, Fragen, Umwege und Aufbrüche – hin zur eigenen Verwandlung im Licht der Nachfolge.
„Denn G*tt hat Dich wunderbar erschaffen und G*tt glaubt an Dich. Geh’ mit G*ttes Segen in die Nacht, wo auch immer sie dich hinführt. Amen.“