FZ02 – Grenzen
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FZ – Fastenzeit: In 2025 gibt es in der Fastenzeit hier auf dem Blog ein paar wenig nerdige Texte. Eine kurze Einführung und ein wenig Kontext findest du im Text von Aschermittwoch.
Grenzen
Was ist eigentlich Evangelisch? Würde ich versuchen, eine Karte aufzumalen, was alles dazugehört, dann wird die ganz schön groß.
Liberale Theologie, die immer wieder kritisch mit der Bibel und sich selbst umgeht. Für viele ein großer Gedankenraum, für andere nicht greifbar. Landeskirchlich, mit all den sehr heterogenen Strukturen, die dazugehören. Konservativ, mit einem klaren Bekenntnis und Fokus auf die Bibel, und der Herausforderung diese immer wieder neu zu verstehen und zu erklären. Freikirchlich, denn außerhalb von festen Strukturen finden sich Freiheiten, die Menschen ansprechen. Fundamental, denn ohne Fundament ist der Glaube bedeutungslos, mit klarer Orientierung für eine Zukunft. Charismatische, wenn Menschen andere Menschen für Gottes Wort gewinnen können. Progressiv, wobei ich mir immer noch nicht sicher bin, wie man das kurz zusammenfasst. Und so viel mehr und alles nur mit einem weißen deutschen Blick.
Das Land ist weit und die eigene Straße durch dieses Land ist für mich keine gerade Autobahn. Lange dachte ich, ich brauche Leitplanken, die meinen Weg abgrenzen. Doch je länger ich mich mit diesem Land beschäftige, umso mehr merke ich, dass meine Leitplanken vor allem mich einschränken. Und sie grenzen mich ab, gegen Menschen, die irgendwie anders in diesem Land unterwegs sind.
Nun komme ich in ein Alter, wo das eigene Wort immer mehr Gewicht hat, und ich hinterfrage mich. So sehr es mich herausfordert, die Weite des Evangeliums, ist durch mich nicht einzugrenzen. Ich kann sagen, wo ich persönlich stehe mit dem Ziel eines Dialogs. Aber was hier auf dem weiten Feld „richtig“ ist, das liegt in G*ttes Hand.
Wo sind heute meine Grenzen, meine Leitplanken. Ich kann und will aktuell nicht mitgehen, wenn im Namen G*ttes Menschen be- und verurteilt werden. Weder das ihr Leben „Sünde sei“, noch das sie „keine Christen sind“. Intoleranz will ich nicht tolerieren. Und ich merke, dass ich dabei auch immer mehr die Strukturen in den Blick nehme, die wir so gerne in unseren Landeskirchen als „gut und erhaltenswert“ erachten. Wie viel versteckte Ausschlusskriterien haben wir uns selbst auf die Schultern geladen? (Deutschkenntnisse, Liturgiekenntnisse, Kosten für Aktivitäten, alles muss schön sauber und ordentlich…, das geht aber so nicht…)
Und ich wünschte mir, es würde mir leichter fallen, Haltungen und Äußerungen von den Menschen, die sie abgeben, zu trennen. Ich wünschte, ich könnte die Menschen, ihre Geschichte, den Weg, den Sie gegangen sind, nachvollziehen. Hier muss ich mir selbst Geduld entgegenbringen. Nicht jeder Mensch, der aus seinem Glauben heraus andere Menschen verurteilt, ist selbst zu verurteilen. Auch er* und sie* ist ein Kind G*ttes.
Und so sehe ich auf meine Straße durch das weite Land des Evangelischen und merke, dass auch ich noch einen weiten Weg vor mir habe. Und ich freue mich immer, wenn ich merke, dass ich diesen Weg nicht allein gehe. Dass es Menschen um mich gibt, die unterwegs sind. Und dass wir alle von G*tt begleitet werden.
G*tt schütze Euch alle auf Euren Wegen.