Von Kostümen und Gewandungen

Von Kostümen und Gewandungen

In der Vorbereitung auf eine LARP-Con war ich im Keller beschäftigt, Kleidungsstücke zu sortieren, als die Tochter dazukam. „Na,“ frugte sie, „suchst du dein Kostüm?“ Mein Puls schnellte nach oben und sofort kam die Erwiderung: „Das sind Gewandungen, keine Kostüme.“ Als ich dann von der Palme wieder heruntergestiegen war, meinte die Tochter nur ruhig: „Ist doch das gleiche.“

So ist das eben. Kostüm, Gewandung oder Cosplay. Da liegen für den einen Welten zwischen, für die andere eben nicht. Um es kurz zu umreißen: Ein Kostüm ist eine Verkleidung, die vor allem im Karneval zum Einsatz kommt. Solange wir nicht von Damenmode sprechen, dann ist es die Kombination aus Rock und Jacke. Und auch im Theater wir die Garderobe der Spielenden als Kostüm bezeichnet. Eine Gewandung hingegen ist die meist an historischen Vorbildern orientierte Darstellung einer mittelalterlichen Garderobe, und wird auch gerne im LARP für die Outfits verwendet. Cosplay zuletzt beschreibt die Kostümierung als ein spezieller Charakter aus Mange, Anime oder anderen fiktiven Vorlagen.

Und wie meint die Tochter so schön: „Ist doch das gleiche.“ Ja ist es. Ein Outfit, das im „normalen“ Leben eher unpassend wäre, wird während einer Veranstaltung zu einem akzeptierten Ausdruck von Lebensfreude. Gleichzeitig gibt es ganze Gedankenwelten, die sich in einem einzelnen Wort ausdrücken. Eine authentische, handgenähte Leinengewandung ist eben kein Polyesterkostüm ostasiatischer Herkunft. Das kann dann schon mal Streit geben.

Und wir in unserer wortgewaltigen Kirche? Wie halten wir es?

Sind „wir“ uns immer über die Worte einig, wenn wir von „G*tt“ sprechen, oder vom „Leben Jesu“? Was genau das „Kreuz“ für „mein Leben“ bedeutet, wird doch schon „Konfirmand*innen“ „beigebracht“, eben so wie das „Wirken“ des „Heiligen Geistes“, richtig?

Wort stehen symbolisch für Dinge. Und manchmal ist es schon wundersam, wie selten wir das reflektieren. Unlängst durfte ich einem Disput beiwohnen, wer denn was gesagt und damit wie gemeint hätte. Es ging um die Frage der Konzeption von Konfirmandenarbeit. Zweit Vertretende zweier Gemeinden kamen nicht überein. Obwohl beide doch ein „Ein-Jahres-Modell“ haben, wollte sich kein Konsens finden lassen. Auf die Frage: Wann denn ihr Programm startete, stellten die beiden dann fest: in der einen Gemeinde im Mai, in der anderen im August. Das sich dann Planungen etwas anders darstellen, war sofort klar.

Wir sind in der Kirche mit Bedeutungsschwangeren Begriffen unterwegs. Viel zu oft, so mein Gefühl, stehen diese Begriffe für ganze Weltanschauungen. Manchmal ist es für mich wichtig und hilfreich zu erklären, was genau ich meine und warum mir das so wichtig ist. „Wahrer G*tt und Wahrer Mensch.“ – „progressives Christentum“ – „Wörtliches Bibelverständnis“ – „Priestertum aller Gläubigen“…

Ich kann verstehen, warum Menschen, die viel Liebe und Zeit in die Herstellung der eigenen Kleidung investiert haben, diese auch gewürdigt sehen wollen. Wer 200 Arbeitsstunden in ein Outfit steckt, dem ist der Vergleich mit der Alibaba Kleidung nicht recht. Das kann ich verstehen. Und doch, eine Weltanschauung ist es nicht. Ich habe aktuell leider keine 200 Stunden zur Verfügung. Darf ich trotzdem mitspielen?

One comment

Wenn du fragen stark konjugierst, heißt es ’sie frug‘, ansonsten ’sie fragte‘ 😎

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