Du bist ein Gott, der mich sieht.

Du bist ein Gott, der mich sieht. [Gen 16,13]

In der Fantasywelt von Der Herr Der Ringe gibt es einen Erzbösewicht namens Sauron. Er tritt seit dem Verlust seines Körpers in einer Schlacht als rotes Auge in Erscheinung: Das rote Auge von Mordor. In dieser Gestalt sitzt er auf dem Turm seiner Festung Barad-Dur. Von dort verfolgt er – auch mithilfe seiner übermenschlichen Kräfte und eines magischen Steines namens Palantir – die Schritte seiner Gegner. Gleichzeitig überwacht und befehligt er seine eigenen Gefolgsleute von dort. Das rote Auge wirkt nicht nur bedrohlich, sondern es stellt eine reale Gefahr dar. Es kann spüren, wenn der Held der Geschichte Frodo Beutlin seinen magischen Ring benutzt; es sucht wie ein Scheinwerfer das Land Mordor nach seinen Feinden ab.

Auf dem Plakat der Evangelischen Jugend von Westfalen zur Jahreslosung 2023 erblicken wir ebenfalls ein Auge; hier mit einer grünen Pupille. Bei genauerem Hinsehen fallen uns Menschen auf, die sich darin spiegeln. Ganz verschiedene Menschen in verschiedenen Lebenslagen; ihre Gesichter zeigen Wut, Trauer, Freude usw. Sie werden angeschaut und sie schauen zurück. Wir erkennen durch das Spiegelbild, dass sich das grüne Auge „auf Augenhöhe“ mit Ihnen befinden muss. Es beobachtet sie nicht von oben, sondern schaut sie direkt an.

In der Geschichte, aus der die Jahreslosung entnommen ist, geht es um die Dienerin Hagar. Hagar ist verzweifelt. Sie ist die Nebenfrau von Abraham und hatte Angst vor dessen Hauptfrau Sarah bekommen. Im Gegensatz zu Sarah war es Hagar gelungen, von Abraham schwanger zu werden. Deswegen war sie überheblich geworden. Aber weil Sarah als Hauptfrau mehr Macht hatte, wurde Hagars Leben dort schwierig und sie floh in die Wüste. Hier in der Wüste begegnet ihr ein Engel Gottes, mit dem sie ins Gespräch kommt. Sie wird zu Abraham und Sarah zurückkehren.

Mordor ist ebenfalls eine Wüste und das Ziel des roten Auges ist es, die Menschen in diese Wüste zu führen. Ganz anders ist es bei Gott: Gott führt uns durch die Wüste und aus der Wüste hinaus. Gott verfolgt uns nicht, sondern begleitet uns, wird zu einem Gesprächspartner und Wegweiser. Wenn wir nicht weiter wissen, dürfen wir uns Gott anvertrauen und um Rat beten. Sauron möchte seine Macht erhalten und vergrößern und wird doch alles verlieren. Frodo versteckt sich auf seinem Weg nach Mordor erfolgreich vor Sauron. Vor Gott muss und möchte ich mich nicht verstecken, denn „du bist ein Gott, der mich sieht“ und ich lasse mir von dir den Weg zeigen.