Was hinter der Tür ist

Lukas 24,36-45

36 Als sie aber davon redeten, trat er selbst mitten unter sie und sprach zu ihnen: Friede sei mit euch!
37 Sie erschraken aber und fürchteten sich und meinten, sie sähen einen Geist.
38 Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so erschrocken, und warum kommen solche Gedanken in euer Herz?
39 Seht meine Hände und meine Füße, ich bin’s selber. Fasst mich an und seht; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Knochen, wie ihr seht, dass ich sie habe.
40 Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen seine Hände und Füße.
41 Da sie es aber noch nicht glauben konnten vor Freude und sich verwunderten, sprach er zu ihnen: Habt ihr hier etwas zu essen?
42 Und sie legten ihm ein Stück gebratenen Fisch vor.
43 Und er nahm’s und aß vor ihnen.
44 Er sprach aber zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose und in den Propheten und Psalmen.
45 Da öffnete er ihnen das Verständnis, dass sie die Schrift verstanden,

Wer von uns ist Lukas? Wär das schön. Wir könnten ihn oder sie fragen, was er oder sie mit diesem Text meint.

Wer ist Lukas? Lukas war selbst nicht dabei. Dieser Text ist kein Augenzeugenbericht. Es ist sogar fraglich, ob das, was wir hier lesen, je Realität war.

Was meine ich mit „Realität“? Realität ist das, was um uns rum ist. Und das, was wir mit unseren Sinnen erfassen können. Sehen, schmecken und anfassen. Die Wahrheit ist dann das, was wir im Kopf haben. Darum kann die Wahrheit an ein sinnliches Erleben gebunden sein, muss sie aber nicht.

Lukas berichtet seine Wahrheit in einem Text.

Ja, wir alle kennen Jesus nicht aus eigenem sinnlichem Erleben. Wir vertrauen darauf, dass die Texte uns ihre Wahrheit mitgeben. Und wir versuchen dann, diese Wahrheit unsererseits für andere erfassbar zu machen.

Etwas „erfassen“ können, wieder ein schönes Wort. Und an dem Punkt des Erfassens der Wahrheit bin ich Lukas ganz nah.

Die Jünger erfassen Jesus. Sie sehen ihn, hören ihn, können ihn anfassen. Sie sind unsere sinnlichen Zeugen einer für uns unfassbaren Realität. Warum ist das so wichtig, dieses Anfassen-können?

Für meine Antwort möchte ich ein Bild gebrauchen. Eine Tür, eine geschlossene Tür. Unser sinnliches Erleben, unser Blick auf die Realität endet genau da, an einer Tür. Wer einen neuen unbekannten Raum betritt, der weiß vorher nicht, was ihn erwartet. Da endet unser Blick. Türen gibt es viele und sehr reale. [Wer jemals vor einer Tür warten musste, auf ein Vorstellungsgespräch, auf das Gespräch beim Chef, der kennt das Gefühl, nicht zu wissen, was einen erwartet.]

Türen gibt es aber auch, die nicht so real sind. Unsere Realität endet dort, wo das Übersinnliche, das Göttliche anfängt. Dort, wo Dämonen, Geister und Engel ihre Realität haben. Diese Wesen sind für die Jünger sehr real. In ihrer Zeit sind sie die Boten dieser anderen Realität, die uns Menschen verschlossen ist. Und all diese Grenzgänger sind angsteinflößend und die Menschen fürchten sich vor ihnen.

Für uns Menschen gibt es nur eine Tür in diese andere Realität: den Tod.

Wer diese letzte Tür durchschreitet, kommt in einen neuen unbekannten Raum. Angst macht sich breit vor dieses Realität der Geister und Engel.

Darum ist es wichtig, dass die Jünger Jesus als Mensch erfassen. Er ist Mensch. Er ist am Kreuz gestorben. Er ist durch diese letzte Tür gegangen.

Und zurückgekehrt.

Als Mensch.

Das geht nicht. Kein Mensch kehrt von den Toten zurück. Und darum ist es wichtig, dass Jesus es als Mensch tut. Die Jünger müssen ihn genau aus diesem Grund als Mensch erfassen. Die Selbstoffenbarung, als Mensch den Tod besiegt zu haben, macht seine Göttlichkeit erfassbar.

Und darin wird für uns deutlich, dass Jesus Gott ist.

Wahrer Mensch und wahrer Gott.

Und dieser Mensch legt Zeugnis ab von dem, was hinter der Tür ist:

Nicht Dämonen und Feuer, nicht Verdammnis und Dunkelheit, nicht Verderben und Tod.

Hinter der Tür erwartet er uns. Dort ist ein Heil-werden des Zerbrochenen, dort ist Liebe und Geborgenheit.

Darauf dürfen wir hoffen; das dürfen wir diesem Menschen glauben.

Friede sei mit euch.

Malte Hausmann