Vom Umgang mit Quellen zwischen den Welten …

Im „Pakyronischen Boten“ lese ich von „Heilsalz aus Salzfurt“ und von „Ritter Ortwin“. In der LARP-Zeit-Beilage „Stimme des Herolds“ lese ich von Halblingsköchen und im „Aventurischen Boten“ erfahre ich Neuigkeiten über die politische Lage in Aventurien.

Ich lese immer mal wieder gerne in all den unterschiedlichen literarischen Ergüssen zu den unterschiedlichsten erdachten Welten. Egal ob technischer Bericht über Raumschiffe, auf Spielereignissen beruhende Erzählung aus dem Liverollenspiel oder erdachte Hintergrundinformation zu DasSchwarzeAuge oder Battletech, Warhammer etc. Ich lese so etwas manchmal gerne.

Für mich sind solche Berichte etwas Anderes als normale Romane. Einen Roman schlage ich auf, ich tauche in die Welt ein und am Ende schlage ich das Buch zu – fertig. Bei den erwähnten literarischen Berichten ist es anders. Klar, auch die kann ich weglegen und fertig; aber das tue ich meist nicht. Mal mehr mal weniger, bestimmen sie, wie sich meine Wahrnehmung, Wirklichkeit und (gerade im Liverollenspiel) auch Handlungen im Rahmen der Spiele, die sie bereichern, entwickeln: Lese ich davon, dass alle Orks anfangen nur noch Tiere und nicht auch Menschen zu jagen, werde ich als Salomo, der Geschichtenerzähler weniger Angst vor dem nächsten Ork haben, wenn ich einen auf einem Liverollenspielevent treffe. Und wenn ich in einem Warhammer-Quellenband lese, dass die Orks ein undisziplinierter Haufen sind, dann werde ich mir bei diesem Miniaturspiel auch mal erlauben, nicht zu viel über Taktik nachzudenken … Im Prinzip werden in solchen Prozessen dann erdachte Geschichten Wirklichkeit – sie werden wahr.

Ich weiß, dass diese Geschichten nicht so wahr sind wie die Tagesthemen. Ich weiß auch, dass die Bibel auf existentielleren Erlebnissen beruht als jede Geschichte, die sich aus einem Liverollenspielerlebnis ergibt, aber ich glaube, es gibt hier auch Gemeinsamkeiten.

Sowohl Bibel als auch Quellenmaterial kann ich lesen und weglegen oder ich kann meine Wahrnehmung, Wirklichkeit und Handlung von ihnen (in unterschiedlichem Maße) beeinflussen lassen. Ob ich den Grad dieser Beeinflussung steuern kann, ist ein Thema für sich, aber: Ist es nicht eine große Chance, die Bibel einmal so zu betrachten, wie ich ein Fanzine, eine fiktive Quelle, eine Hintergrundgeschichte betrachte?

Einmal die Bibel als etwas betrachten, wo es gar nicht darauf ankommt, ob es genau so war. Einmal die Bibel so anzuschauen, als ob sie für eine ganz besondere Welt geschrieben ist und dort ganz klar wahr ist …

Ich weiß nicht, was dann passiert. Vielleicht bekomme ich Lust auf diese Welt; oder ich vergleiche diese Wirklichkeit mit meiner Wirklichkeit. Oder ich denke – ähnlich wie bei den Sozialmodellen der Science-Fiction-Romane – darüber nach, was passieren müsste, damit es zu einer solchen Welt kommt. Vielleicht beginne ich auch einfach nur mal lustvoll und ohne religiösen Druck in der Bibel zu lesen.

Es ist einen Versuch wert. Lasst uns die Bibel einfach mal als ganz normaler Nerd lesen.

David Raasch, Nerd alias Pfarrer – alias Salomo, der Geschichtenerzähler aus Samurkanth alias …