Vorfreude und Advent

Habt ihr im Advent mal dieses wohlige Gefühl (gehabt)? Vorfreude auf das Fest?
Ein Text, den ich vor Kurzem gelesen habe, berichtete von der Beobachtung, dass gerade diese Vorfreude im Verhalten unserer Gesellschaft verloren geht und man diese aktiv wieder ins Leben holen müsse. Die instant gratification der sozialen Netzwerke ist in den Vordergrund gerückt. Ich warte also nicht wie früher darauf, dass etwas geschieht, sondern bin so damit beschäftigt, Aufmerksamkeit zu erhaschen, das nächste Foto zu machen und zu posten, dass ich für Vorbereitung und Vorfreude keine Zeit mehr habe. Ruhelosigkeit wird darin kritisiert, das Nicht-Erwarten-Können.
Ich weiß nicht, ob es euch genauso geht, aber ich sehe das für mich anders. Ich sehe nämlich gerade, dass Nerdculture es schafft, immer wieder neue Momente der Vorfreude bei mir zu schaffen. Wenn die ersten Hints für die neue Dr. Who-Staffel bekanntgegeben werden. Wenn ich den Diablo 4 Teaser sehe und weiß, das dauert bei Blizzard noch Jahre, bis ich das spielen kann. Am schlimmsten ist es bei mir, wenn ich meinen nächsten Rollenspiel-Stream terminiert habe und die ganze Zeit die Gedanken in meinem Kopf umherschwirren. Bis es wirklich passiert, weiß ich ja nicht, was mir begegnet. Das weckt unglaubliche Vorfreude. Unruhe in den Beinen und im Kopf.
Den gleichen Effekt ruft ansonsten nur die Mitarbeit in der Kirche in mir hervor. Ich habe mich tagelang auf den Ausflug mit meiner Konfigruppe auf den Weihnachtsmarkt gefreut. Ich hatte nämlich vor, sie mit der vorbereiteten Aufgabe, Leute zu segnen, in der Innenstadt umherzuschicken. Ich war gespannt, ob und wie das funktionieren würde. Wie die Konfis ob der Aufgabe erst einmal schauen würden wie ein Pferd. Und was sie damit dann wohl für Erfahrungen machen. Es erreichte die erwartete Wirkung: eine Menge unterschiedliche Erfahrungen, von denen die Konfis berichten konnten.
Ich glaube, das ist es, was bei mir Vorfreude weckt: Das Warten auf die nächste Erfahrung. Die Neugier, was passieren wird. Und genau das bekomme ich eben in zwei Kontexten: in der Gemeinde und in der Nerd Culture.

Felix Klemme, Pfarrer in einer Einzelpfarrstelle in einem Vorort von Paderborn, ist 33 Jahre alt und begeistert von Science Fiction in jeglichen Formen, sowie dem Pen and Paper-Rollenspiel Das Schwarze Auge (DSA). Er streamt auf seinem YouTube-Kanal (PoelleRPG) gerade die größte Kampagne dieses Rollenspiels und liebt es, Geschichten mitzuerleben und zu erzählen.