Auch NERDS brauchen Zukunft – 20.9. Generalstreik für Klimaschutzpolitik

Ich habe Tobi wiedergetroffen. Tobi, einen meiner aktivsten Mitarbeiter in der evangelischen Jugend in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends. Auf Jugendfreizeiten schmiss er die Küche für 40 Personen.
Chef Nerd, der Tobi! Bei LAN-Partys hatte er den Nickname „Teletobi“. Für sein erstes LARP hat er sich ein Polster-Bat’leth gebaut. Er hat Physik studiert, am CERN geforscht und meinen kleinen Nerd-Horizont weit überschritten. Problemlos hätte er einen der Wissenschaftler in „Bigbang-Theorie“ vertreten können und wäre dabei deutlich weniger „akward“ gewesen. Evangelische Jugend halt.
Wir haben uns nie so ganz aus den Augen verloren, waren bei unseren Hochzeiten gegenseitig Gäste und haben uns immer wieder mal auf Geburtstagspartys gesehen. Irgendwann werde ich vielleicht seine Kinder taufen dürfen wenn die einverstanden sind.
Als ich ihn letztens wieder getroffen habe, hat er mich eingeladen noch in seiner Firma ’nen Kaffee zu trinken. Ich wurde den anderen Mitarbeitenden vorgestellt als die Frau von der Gemeinde, die LAN-Partys organisiert und hatte damit den benötigten Eintrittspass um in „Nerd-Central“ in der Küche sitzen und mitquatschen zu dürfen.
Es ist gut, dass wir einander getroffen haben, denn wir arbeiten an einem gemeinsamen Ziel. Das erklärt er in einem Artikel, den er für unseren Gemeindebrief geschrieben hat. Den will ich euch nicht vorenthalten.

„Hey Tobi, was machst du denn hier?“
Die Verwirrung war mir noch ins Gesicht geschrieben, als ich mich umdrehte um eine Freundin wiederzusehen. Aber in einer ganz anderen Situation als früher.
Natascha Luther hat mit uns Freizeiten veranstaltet, Computerspiele gespielt und Gemeindefeste auf- und abgebaut. Am 24. Mai habe ich sie mal wieder getroffen. Vorm RWE Tower in Dortmund, in einem Zug von über 6.000 Menschen, die größtenteils viel jünger waren als wir beide. Bei Fridays for Future.
Ja klar, Natascha hat sich schon immer für Nachhaltigkeit engagiert. Im christlichen Sinne, aber oft auch weit darüber hinaus. Das hat mich manchmal genervt und manchmal habe ich es bewundert. Aber warum war ich eigentlich da?

In der Zwischenzeit war einiges passiert. Die gemeinsamen Spieleabende in der Gemeinde und die enge Bindung an Paul-Gerhardt lagen in den frühen 2000er Jahren. Der Klimaschutz hatte mit dem Kyoto-Protokoll einen Meilenstein zu verbuchen und der 11. September erschien uns als die größte Herausforderung unserer Zeit. Heute blicke ich zurück auf Studium, Bankenkrise, Forschung und die Gründung einer Familie und mir erschien so vieles wichtiger. In Paris hatte die Welt doch endlich beschlossen, der Klimakrise entschieden entgegenzutreten.
Bis eine junge Schwedin freitags ihren Unterricht bestreikte und in der Folge Schülerinnen und Schüler auf der ganzen Welt. Es wurde klar: Seit dem Kyoto-Protokoll 1998 haben die Industriestaaten dieser Erde den Raubbau an unserer Zukunft ungebremst, ja sogar intensiver als vorher fortgesetzt. Und ehrlich gesagt, macht mir das Angst.
Im März diesen Jahres haben führende Klimaforscher und Klimaforscherinnen in Deutschland alle Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen gebeten, die Schülerinnen und Schüler zu unterstützen. Denn die Fridays for Future-Bewegung hat etwas geschafft, was die Wissenschaft vorher vergeblich versucht hat. Eine der größten Herausforderungen, vor denen die Menschheit steht, ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu bringen.

Diese Herausforderung ist nicht mehr und nicht weniger als der Kampf um die Welt, wie wir sie kennen. Wohlstand, Natur, Kultur. Aber vor allem der um die Fähigkeit unseres Planeten, genug Nahrung für alle Lebewesen, die auf ihm wohnen, bereitzustellen.
Seit Mai bin ich nun mit vielen Mitstreiterinnen und Mitstreitern aus der Wissenschaft mit den Scientists 4 Future dabei, diesen Kampf anzunehmen. Und so habe ich Natascha wiedergetroffen.
Jeder von uns hat tausende Fragen zu diesem Thema, aus ganz unterschiedlichen Gründen.

Betrifft mich das überhaupt? Wie schlimm wird es denn?
Kann ich als Einzelner etwas tun?
Kann Deutschland überhaupt etwas tun?
Ich habe mich in den letzten Monaten viel mit Zahlen beschäftigt, mit Politikern und mit Expertinnen gesprochen, Daten ausgewertet und Prognosen angesehen.
Und eigentlich erscheint mir alles ganz einfach: Wenn ich meinen Kindern ein Leben ermöglichen möchte, das nur im Ansatz so frei von Not ist, wie meines bisher war, dann hat das nichts zu tun mit individuellem Wohlstand. Es geht nur um die Frage, ob wir politisch und gesellschaftlich in der Lage sind unsere Lebensweise so anzupassen, dass unsere Erde sich nicht weiter aufheizt, denn das tut sie im Moment. Immer weiter und immer weiter und wir Menschen in den reichen Ländern dieser Welt tragen die fast alleinige Verantwortung dafür.
Am 20.09. ruft Fridays for Future zum nächsten „globalen Klimastreik“ auf. Die Schüler brauchen an diesem Tag die Unterstützung aus der ganzen Gesellschaft. Wir alle müssen auf die Straße zu gehen um zu zeigen, dass wir bereit sind etwas zu ändern und dass wir mit Mut in die Zukunft gehen. Der vergangene Kirchentag hatte die Losung „Was für ein Vertrauen“. Die Jugend ruft uns Eltern und Großeltern dazu auf, ihrem Vertrauen in uns gerecht zu werden. Nur mit uns kann das verändert werden, was verändert werden muss. Packen wir‘s an.

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